Preah Vihear – ein riesiges Tempelareal auf einem Berg
Preah Vihear ist eine Region ganz im Norden von Kambodscha, wo sich auch die gleichnamige Tempelanlage der Prasat Preah Vihear befindet. Der Tempel schließt direkt an die thailändische Grenze an. Das Gebiet ist seit den 1950er Jahren von einem Grenzkonflikt zwischen Kambodscha und Thailand geprägt, in dem es darum geht, dass beide Nationen die Tempelanlage und die umliegenden Gebiete für sich beanspruchen.
Die Tempelanlage Preah Vihear liegt an der nördlichen Grenze Kambodschas auf einem Berg
Nach den französisch-siamesischen Verträgen von 1904 und 1907, in denen die Grenzlinie zwischen Kambodscha und Thailand entlang des Dongrak-Gebirges festgelegt wurde, stellte der Internationale Gerichtshof in Den Haag offiziell fest, dass der Preah Vihear-Tempel innerhalb des kambodschanischen Territoriums liegt.
Das Gelände um Preah Vihear war bzw. ist noch immer vermint. Touristische Pfade wurden von den Minen bereits geräumt. Jedoch könnten in direkter Nähe der Anlage (beim Verlassen der Pfade) noch immer Minen versteckt sein. So löste zuletzt etwa ein TukTuk-Fahrer eine Mine aus, als dieser abseits vom Pfad einige hundert Meter Richtung Waldrand lief.
Es ist daher ratsam sich von den abgetretenen Pfaden (und der Tempelanlage selbst) nicht zu weit zu entfernen.
Der hinduistische Tempel wurde zur Zeit der Khmer zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert errichtet (aus Sicht der Forscher ist es heute schwer, das genaue Jahr zu bestimmen in dem der Bau begann, da hier die entscheidenden Hinweise, Dokumentationen oder Inschriften fehlen). Der Stil der Bauten deutet allerdings darauf hin, dass diese unter der Herrschaft von König Yasovarman I. errichtet wurden.
Da es eines der wichtigsten Bauwerke des Khmer-Imperiums war, wurde es laufend ausgebaut und erweitert – bis es die Dimensionen hatte, die heute zahlreiche Besucher in ihren Bann ziehen. Die letzten Erweiterungen fanden unter König Suryavarman II. statt. Dies ist insofern eine Besonderheit, da es im Khmer-Reich üblich war, dass die Könige den Schwerpunkt ihrer Bau-Ressourcen vor allem in die Errichtung eigener Tempelanlagen richteten, um ihre Herrschaft auch baulich zu verewigen und ein Monument ihrer Macht zu setzen.
Der Prasat Preah Vihear ist vor allem wegen seiner reich verzierten Mauern und der wunderschönen Umgebung – in der sich die Tempelanlage befindet und von der jeder Besucher eine großartige Aussicht genießt – ein beliebtes Ausflugsziel. Mittlerweile ist die Anlage zwar eine Ruine, bei den Wandteilen und Türstützen, die noch intakt geblieben sind, finden sich aber zahlreiche Darstellungen aus der hinduistischen Mythologie, die kulturwissenschaftlich einen guten Eindruck über die Erzählungen rund um die Zeit der Erbauung liefern. Der Prasat Preah Vihear ist ein hinduistischer Tempel, der der Gottheit Shiva gewidmet war, und war ursprünglich als Ort der gedanklichen Einkehr (etwa zum Meditieren) gedacht. Lange Zeit war die Anlage dann auch ein beliebtes Ziel hinduistischer Pilgerreisen.
Durch die lange Bauzeit (beziehungsweise durch die Schritt für Schritt gebauten Erweiterungen) finden sich bei dem Prasat Preah Vihear ganz unterschiedliche Baustile wieder. Besonders spannend: Die Tempelanlage zeigt nicht nach Osten und ist auch nicht in einer rechteckigen Form konzipiert, wie das sonst bei vielen Tempeln des Khmer-Reiches zu finden ist, sondern orientiert sich an der Nord-Süd-Achse. Da auch das Gebiet, auf dem die Bauten errichtet sind, eine Hügellandschaft ist, wurden diese Merkmale in die Bauweise aufgenommen. Es gibt beispielsweise durch die stufenweise Erhebung Ähnlichkeiten mit einem Tempelberg (wobei der Prasat Preah Vihear nicht alle Eigenschaften erfüllt, um ihn auch so zu bezeichnen).
Für Besucher ist die Anreise nicht nur über Kambodscha, sondern auch über Thailand möglich. Von kambodschanischer Seite kann die Tempelanlage sowohl mit dem Auto als auch beispielsweise im Rahmen der vielen angebotenen Radtouren erreicht werden. Auf thailändischer Seite schließt direkt an die Grenze der Nationalpark Khao Phra Viharn an. Eine Anfahrt mit dem Auto ist problemlos möglich (beim Besuch vom Prasat Preah Vihear ist kein eigenes Kambodscha-Visum erforderlich, wenn die Besucher innerhalb von 24 Stunden wieder zurückkehren und eine kleine Gebühr an der Grenze bezahlen).
Der Tempel gehört seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe, wobei die Bewerbung den Konflikt zwischen Thailand und Kambodscha über die rechtmäßige Zugehörigkeit der Anlage wieder eröffnete. Es kam zu Protesten und auch zu Schusswechseln zwischen Soldaten der beiden Länder, was letztendlich auch Todesopfer forderte.
Zuletzt hat sich der Internationale Gerichtshof in Den Haag 2013 nochmals auf eine Entscheidung von 1962 berufen, nach der der Tempel und seine umliegenden Gebiete zu Kambodscha gehören. Seitdem ist es in dieser Sache ruhiger geworden.